Protestbrief der FEM an Staatssekretär Tim Renner zur Einstellung der Berliner Konzertreihe „Unerhörte Musik“

Nach etlichen protestierenden Einzelmeldungen von Komponistinnen und Komponisten an den neuen Berliner Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten Tim Renner wegen der Mittelstreichung für die in Berlin und in ganz Deutschland bedeutende Konzertreihe „Unerhörte Musik“ von Rainer Rubbert und Martin Daske meldet sich nun aus dem Deutschen Komponistenverband (DKV) dessen Fachgruppe E-Musik (FEM) zu Wort. Deren Vorsitzender Johannes K. Hildebrandt und seine beiden Stellvertreter Ralf Hoyer und Alexander Strauch sowie das Leitungsteammitglied Lothar Voigtländer erheben ihre Stimme im Namen der Mitglieder der FEM. Die FEM vertritt deutschlandweit genreübergreifend und generationsübergreifend im DKV Komponistinnen und Komponisten der Neuen Musik, der zeitgenössischen Musik, der ernsten Musik, der experimentellen sowie elektronischen Musik. Das Originalschreiben findet sich unter diesem Link.

Senatskanzlei
Herrn Tim Renner
Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten Brunnenstr. 188
10119 Berlin

18.6.2014

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Renner,

das Aussetzen der weiteren Unterstützung der Konzertreihe „Unerhörte Musik“ im BKA ab 2015 durch den Senat hat in den letzten Wochen die zeitgenössische Musikszene Berlins tief beunruhigt. Über 25 Jahre war sie der Grundpfeiler für aufstrebende berlinische Komponistinnen- und Komponistengenerationen. Zudem brachte sie immer wieder Neuentdeckungen nach Berlin, die später zu wichtigen Protagonisten auf den internationalen Foren der Neuen Musik Berlins, Deutschlands und Europas wurden. Oder anders: Was sich hier in nuce entfaltete, gehört zum Vorzüglichsten, was Berlin an aktueller Musik aufbieten kann und dadurch eine Vorrangstellung innerhalb der Freien Szenen der Bundesrepublik behaupten darf, ein Markstein des breiten Kulturlebens der Bundeshauptstadt.

Die Fachgruppe E-Musik vertritt innerhalb des Deutschen Komponistenverbandes viele künstlerisch erfolgreiche und herausragende sowie junge Komponistinnen und Komponisten aus ganz Deutschland, besonders aber auch aus Berlin, die sich in großer Sorge in Sachen der Einstellung der Konzertreihe „Unerhörte Musik“ an uns wandten. Im Namen speziell dieser am Anfang vielversprechender Karrieren stehender Kolleginnen und Kollegen, die damit den Ruf Berlins als Zentrum der zeitgenössischen Musik hätten garantieren können, sehen wir deren Existenzsorgen, die der Wegfall dieses Sprungbretts mit jährlich annähernd 40 Konzerten für diese bedeutet. Gerade angesichts der anstehenden nötigen Umstrukturierungen der Berliner Förderpolitik würde die Konzertreihe einen Ruhepol sein, in dessen Umfeld sich Künstlerinnen und Künstler mit der entsprechenden Unterstützung und Erfahrung der wohlverdienten Leiter erst entwickeln können. Zudem verunsichern noch weitere Kürzungen im Musiktheaterbereich die zeitgenössische Musikszene Berlins, was die Gesamtsituation noch schmerzhafter erscheinen lässt.

So appellieren, ja, fordern wir, dass Sie, Herr Staatssekretär, doch noch dafür sorgen, dass die „Unerhörte Musik“ 2015 und darüber hinaus erfolgreich weitergeführt werden kann. Sie sichern damit ein wichtiges Element der internationalen Attraktivität, die Berlin im Bereich der Neuen Musik bisher für sich verbuchen kann. Notwendige und zeitgemäße Veränderungen sollten immer in einem kommunikativen Prozess mit den beteiligten Künstlern, Veranstaltern und Ensembles erfolgen, damit die Kreativität in der Stadt befördert und nicht beschädigt wird. Die FEM und der DKV stehen dafür gern zur Verfügung, wenn dies gewünscht wird. Bewahren Sie Augenmass! Setzen Sie ein Zeichen der Verantwortung für die „Unerhörte Musik“ und damit für das Musikleben Berlins!

Mit freundlichen Grüßen

Johannes K. Hildebrandt, Vorsitzender der Fachgruppe E-Musik