Neue Honorarrichtlinie E-Musik der FEM ab 2020

UPDATE: Die Sätze der Richtlinie sind nun seit Dezember 2021 neu angepasst worden!

Zuletzt wurde die alte Honorarrichtlinie 2017 angepasst. Für die Neufassung riskierten wir nun einen Blick zu unseren europäischen E-Musik-Schwesterverbänden und haben daher die Richtlinie umfassender gestaltet. Hier ist sie aufrufbar (UPDATE: Neue Fassung ab Dezember 2021!): FEM Honorarrichtlinie für Werke der E-Musik in 2020. D.h., umfasste die bisherige Systematik einen zehnminütigen Durchschnittswert, der zudem auf ein fiktionales Stundenhonorar heruntergebrochen werden konnte, sind wir nun anders vorgegangen. Die alte Richtlinie basierte in ihrer Ursprungsfassung auf durch eine Umfrage ermittelten Durchschnittshonoraren. Damit orientierte sie sich allerdings vor allem an den Honoraren, die Veranstalter zahlten. Als Fachgruppe ist es natürlich unser Ziel Preise zu definieren, die Veranstalter auch bezahlen können.

Allerdings ergaben etliche Erfahrungen und Gespräche mit Kolleg*innen, dass die Richtlinie eigentlich zu niedrig war und z.B. selbst staatlich bzw. kommunal finanzierte Musiktheater sich, man kann es nicht anders sagen, erdreisteten, für eine abendfüllende Kammeroper nur 8000 EUR für das Kompositionshonorar ausgeben zu wollen, ja, sogar von nur 5000 EUR hörte man schon. Ein eklatanter Fall war seitens eines anderen öffentlichen Veranstalters die Honorierung eines Cello-Solo-Werkes mit tatsächlich aufwändiger mehrspuriger Musikelektronik, die unter dem SWR-Experimentalstudio vergleichbaren Bedingungen entwickelt worden war, so dass es eigentlich ein kleines Ensemblewerk war.

Daher haben wir uns entschieden, die Richtlinie grundlegend zu überarbeiten. Das führt dazu, dass vom sehr kurzen Dauern bis über 90 Minuten plus differenziert wird. Dabei handelt es sich nicht um Verdoppelungen, sondern ergibt sich ab gewissen Stufen eine Abflachung, so dass aber immer noch angemessene und der Arbeit einer/eines E-Komponist*in bzw. eines Werkes der E-Musik würdige Preise dabei herauskommen.

Wir unterscheiden bewusst zwischen drei Preisniveaus: niedrig, besser und fair. Niedrig bezieht sich auf das eigentlich absolute Minimum, das z.B. befreundete Musiker*innen oder ehrenamtlich arbeitende Veranstalter bereit sein sollten zu zahlen. Institutionen der öffentlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Hand oder potenter Stiftungen sollten sich an besser und fair orientieren. Das sind natürlich alles frei verhandelbare Preise, d.h. man immer mehr oder auch weniger verlangen. Kollegial ist natürlich, nicht erheblich unter die Preise zu gehen. Für Studierende und frische Hochschulabsolvent*innen können allerdings niedrigere als in der Richtlinie angegebene Honorare angemessen sein – dazu sollte man sich mit seiner/seinem (ehem.) Lehrer*in absprechen. Wenn jemand tatsächlich in der Phase des Berufslebens nicht nur in Förder- und Educationprogrammen prominent auf Festivals vertreten ist, kann natürlich wieder „ihren/seinen“ Preis einfordern, der der Richtlinie entspricht.

Wie oben aus dem Cellostück-Beispiel mit aufwändiger Musikelektronik ersichtlich ist, können aufwändige musikelektronische Werke pro Track/elektronische/audiovisuelle/visuelle Stimme wie ein weiteres Instrument gewertet werden. Allerdings gibt es auch vielspurige Musikelektronik, die wiederum sehr schnell und sehr ökonomisch gestaltet wird, so dass man hier immer von Fall zu Fall entscheiden muss. Die Programmierung, wenn sie durch die/den Komponist*in selbst durchgeführt wird, ist natürlich extra zu honorieren, sei es z.B. durch Anwendung einer höheren Zeitstufe oder eines höheren Preisniveaus oder durch andere erfolgende vertragliche Absprachen oder Bezugnahme auf Richtlinien einer Gesellschaft für elektronische Musik wie der DEGEM.

Bearbeitungen sind ein eigener Fall: die Bearbeitung von fremden Werken hat eine geringere Schaffenshöhe als die eigener Werke. Die Orchestrierung oder Erhöhung der Stimmenzahl auf ein größeres Ensemble eines eigenen Werkes ist wie eine Neuschöpfung zu sehen. Bei Bearbeitungen fremder Werke kommt es immer auf den Aufwand an: wird nur eine Stimme verändert, hinzugefügt bis dahingehend, ob ein Werk für ein, zwei oder drei oder wenig mehr Stimmen zu einem Werk für eine größere Besetzung wird. Sind die Veränderungen so weitgehend, dass neu komponiert wurde, liegt auch hier ggf. eine Neuschöpfung vor, die entsprechend zu honorieren wäre.

Kammeroper und Musiktheater/Tanztheater, die einer Kammeroper ähnlich sind bzw. genauso Oper und Musiktheater/Tanztheater sind hier Orchester bzw. großem Orchester/Werken mit Volkalsoli und Chor gleich gesetzt. Je nach Aufwand kann das auch höher honoriert werden. Handelt es sich um eine eher kammermusikalische Besetzung, kann man bei der Honorierung von Kammeroper bleiben oder bei längeren Dauern und geringeren Aufwand sich an den entsprechenden Besetzungen orientieren. Allerdings ist die Bearbeitung eines theatralen Konzepts oder Textes oft ähnlich aufwändig wie eine musikelektronische Programmierung, die hier dann auch noch dazukäme und somit entsprechend zu honorieren. Ganz abgesehen davon gelten dann die Konditionen des Großen Rechts, auf das man penibel achten muss, da auch hier Theater leider versuchen die den Urheber*innen zustehenden Abendtantiemen kleinzurechnen oder gar zu verweigern. Abendtantiemen haben nichts mit der Berufserfahrung zu tun, sondern sollten genauso neutral auf das Werk angewendet werden, wie es die GEMA und ihre Verteilung unabhängig von Alter und Renommee macht.

Wir hören auch immer wieder, dass Komponist*innen im Selbstverlag die Übernahme von Herstellungskosten bzw. Leihgebühren für das Stimmenmaterial und einen evtl. nötigen Klavierauszug nicht gesondert honoriert wird. Das hat natürlich bei entsprechendem Aufwand zwingend zu erfolgen bzw. muss ansonsten deutlich und beidseitig angemessen durch das Werkhonorar abgegolten sein, worauf sich aber ein Verlag kaum je einlassen würde. Reisekosten, Übernachtung sowie die Mitwirkung als Interpret*in oder auch Klangregisseur*in muss je extra vertraglich vereinbart werden und ist auf keinen Fall durch das Werkhonorar abgegolten.

Wie oben beschrieben, haben wir nun kein Stundenhonorar mehr eigens ausgezeichnet. Denn Kompositionsarbeit lässt sich kaum in Stunden ausdrücken. Jede/r muss seinen Zeit- und Arbeitsaufwand für die entsprechenden Werkgrößen und Dauern letztlich selbst kalkulieren und wissen, ob man einen Auftrag annimmt oder nicht. Am Ende wird das abgelieferte Werk mit allen zusätzlichen Kosten honoriert, nicht die Arbeitsstunden. Angenommen, man würde z.B. sagen, eine Stunde Komposition sind ca. 30 EUR. Wenn jemand dann in 6 Stunden ein Werk komponiert, die Partitur zugleich das Stimmmaterial wäre, könnte die/der Auftraggeber*in auf die Idee kommen, nur 180 EUR dafür zu entrichten. Jetzt wird man sagen, man habe aber 1 Monat immer wieder an die Kompositionsarbeit gedacht. Hat man das dann aber auch penibel aufgezeichnet?

Die Wertigkeit von Komposition in unserem Bereich lässt sich also am Besten am Werk, seiner Besetzung und Dauer festmachen, wie es im Kleinen Recht z.B. auch in der GEMA geregelt ist. Daher ist es wichtig, dass wir Alle uns weitestgehend an diese Richtlinie und ihre möglichen Ausnahmen halten und dadurch gemeinsam an der angemessenen Honorierung arbeiten. Klar, prominentere Kolleg*innen werden immer mehr verlangen können als Andere. Dennoch sollte ein Minimum nur in ganz wichtigen Ausnahmen persönlich unterschritten werden, wenn man bereits voll im Berufsleben steht. Auch sollten wir Alle zusammen darauf achten, das Frauen und Männer gleich honoriert werden. Bei Prominenteren wird dann die Prominenz als Unterschied zwischen Frau und Mann leider noch viel zu oft spürbar. Auch das muss sich ändern: von Veranstaltern sollte dies niemals ausgenutzt werden, um schlichtweg durch die Beauftragung einer Frau Geld zu sparen. Es mag vielleicht sogar eine einzige Frau geben, die derzeit mehr als die berühmtesten Männer unter uns verlangen kann. Dennoch wäre der Massstab: Frauen müssen unabdingbar genauso gut wie ihre männlichen Kollegen honoriert werden.

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